Der Stanzer, Oberstein

Der Stanzer

Als Arbeiter bei „Bengel“,

Idar-Oberstein, Februar 1952


Leicht vornübergebeugt, die Kappe über die Ohren gezogen und die Fäuste tief in den Taschen seiner Jacke vergraben, bog er mit ausholenden, energischen Schritten in die Wilhelmstrasse ein, Richtung Fabrik. Der Graupelschnee der vergangenen Nacht säumte schwarzgrau verpappt die Häuserfront. Sein Weg führte ihn durch schmuddelige Pfützen, der ganze Bürgersteig schien eine einzige große Lache zu sein, längst waren seine groben, festen Schuhe durchweicht. Seit Ende Januar, frostkalt mit Schnee und Glätte, hielt das triste, nasskalte Wetter nun schon den ganzen Februar über an. Nein – das war kein Spaß, hier draußen. Gut, dass er diesen Weg normalerweise nicht zu gehen hatte, wenn er früh zur Arbeit startete. Nicht nur wegen des Wetters, auch wegen des allmorgendlichen Gedränges in den Fabrikstraßen Obersteins mit seinen vielen Schloten. Vertrauter Dunst hing zwischen den Häuserfronten, ließ ihn husten.

„Morgens um 6 Uhr, wenn die Arbeiterzüge von beiden Richtungen in Oberstein eingelaufen sind, dann waren die Straßen schwarz von Menschen. Hauptsächlich zur Nahe-straße, genannt „Auf dem Wasen“ und in Richtung Wilhelmstraße, denn in diesen Straßen lagen die meisten Fabriken.“ ( Zitat Jahrbuch, S. 61, Becker) Den Henkel-mann mit Frühstück, Suppe und Gemüse, dazu die Ther-moskanne voll Kaffee in der Hand strömten Hunderte von Arbeitern durch die Gassen und verschwanden in Höfen, wo Schlote rauchten und die Fabrikhallen sich mit den Wohnhäusern verbanden.

Er lächelte ein wenig. Nein – mit diesem allmorgendichen Gedränge hatte er nichts mehr zu tun. Schon lange nicht mehr. Vier Jahre war es her …Das und mehr hatte er gut hinbekommen.

Share by: